Was ist eine aerostatisch gelagerte Motorspindel?
Eine aerostatisch gelagerte Motorspindel ist eine durch einen bürstenlosen Elektromotor direkt angetriebene Welle, die radial und axial durch aerostatische Systeme gelagert ist.
Bei der Aerostatik wird der benötigte Lagerdruck extern zugeführt und durch Gräben- und Düsensysteme in eine tragende Rückstellkraft der Welle umgewandelt. Dies führt zu einer radialen und axialen Belastbarkeit, bis die Welle die Lagerfläche berührt, sowie zu einer hohen Steifigkeit. Die Steifigkeit beschreibt dabei die Änderung der Tragkraft in Abhängigkeit von der Wellenverlagerung.
Die Welle umfasst entweder ein Werkzeugspannsystem (Werkzeugspindel) oder eine Bauteilaufnahme (Werkstückspindel/-achse). Diese Motorspindeln werden hauptsächlich als Werkzeughauptspindeln in Präzisions-Werkzeugmaschinen, bei der Mikrozerspanung und in der Leiterplatten-Bohrindustrie eingesetzt. Dank der berührungslosen Lagerung können sehr hohe Drehzahlen und extrem geringe Spindelfehler (DIN ISO 230-7) erreicht werden, was insbesondere in der Mikrozerspanung aufgrund der geringen Werkzeuggröße und der damit verbundenen hohen Schnittgeschwindigkeit sowie bei der Bearbeitung von optischen Bauteilen von entscheidender Bedeutung ist.
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Ihre allgemeinen Vorteile durch die Nutzung einer luftgelagerten Spindel
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Luftgelagerte Spindeln verfügen über eine berührungslose Lagerung, was bedeutet, dass es keine direkte Berührung zwischen der Welle und dem Lager gibt.
Im gasgefüllten Lagerspalt wird jedoch bei Relativbewegungen der Flächen (Lager zu Welle) Scherreibung erzeugt. Bei moderaten Drehzahlen entstehen dadurch nur geringe Lagerverluste.
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Da lediglich die Welle, jedoch keine weiteren Bauteile wie Wälzkörper oder Lagerkäfige an der Rotation beteiligt sind, können Spindeln an die Fliehkraftgrenze der Welle ausgelegt werden. Im Gegensatz dazu sind wälzgelagerte
Spindeln durch den Lagerkäfig stark begrenzt. Dies betrifft auch die Beschleunigung: Während bei aerostatisch gelagerten Spindeln die Stromgrenze des Motors voll ausgereizt werden kann, sind wälzgelagerte Spindeln ebenfalls
durch den Lagerkäfig in der Beschleunigung eingeschränkt. Somit können aerostatisch gelagerte Spindeln ungefähr doppelt so hohe Drehzahlen und Beschleunigungswerte im Vergleich zu wälzgelagerten Spindeln erreichen.
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Der nur mikrometerdicke Lagerspalt zwischen der Welle und dem Lager besitzt einen ausgeprägten Ausgleichseffekt. Es werden Spindelfehler erreicht, die deutlich unter der Summe der Formfehler der einzelnen Bauteile liegen. Im Vergleich zu wälzgelagerten Spindeln sind diese etwa um den Faktor 100 geringer, was die Bearbeitung optischer Oberflächen ermöglicht.
Gleiches gilt für die Spindelvibrationen. Das Fehlen rotierender Wälzkörper und Käfige, in Verbindung mit den geringeren Spindelfehlern, erlaubt eine extrem kontrollierbare Auswuchtung und Wellendynamik, was sich positiv auf die Spindelvibrationen und somit auf das Bearbeitungsergebnis auswirkt.
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Zwar entsteht eine Scherreibung im gasgefüllten Lagerspalt, jedoch gibt es keinen Verschleiß an den Spindelbauteilen.
Da die aerostatisch gelagerte Spindel verschleißfrei ist, bleibt sie unverändert. Einmal durchgewärmt, kann sie unbegrenzt bei Nenndrehzahl betrieben werden, ohne dass sich ihre Eigenschaften verändern.
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Da weder Öl noch Fett in der Lagerung oder der Spindel verwendet werden, kann sie in kritischen Umgebungen wie der Lebensmittelindustrie eingesetzt werden. Außerdem kann Luft als Lagermedium durch andere Gase, wie z. B. Kohlenstoffdioxid, ersetzt werden.
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Aerostatisch gelagerte Werkzeugmotorspindel von Levicron
Warum Motorspindel von Levicron?
Während viele Hersteller von luftgelagerten Spindeln die Fertigungsqualität für leistungsfähige Luftlager nicht priorisieren oder sogar vermeiden und stattdessen auf kostengünstigere Herstellungsmethoden setzen, haben wir uns zum Ziel gesetzt, diese Praxis zu ändern. Durch die Nutzung unserer internen Expertise und fortschrittlicher Berechnungsmethoden haben wir unsere Spindelkonstruktionen und deren Fertigung auf die höchste Präzision und Robustheit ausgerichtet. Die Verwendung von möglichst günstigen oder verfügbaren Zukaufteilen ist dabei zweitrangig und nachgelagert. Unser selbst entwickeltes, federloses HSK-Werkzeugspannsystem löst zusätzlich Probleme mit brechenden, festsitzenden oder nachlassenden Federsystemen und verbessert die Dynamik und Zuverlässigkeit erheblich.
Im Gegensatz zu herkömmlichen Herstellern von aerostatisch gelagerten Spindeln sind unsere Spindeln keine abgeleiteten Modelle, sondern gezielt auf Leistung und Präzision optimiert und konstruiert. Sie verfügen über eine bis zu zehnfacher Steifigkeit und Tragkraft. Außerdem zeichnen sie sich durch deutlich geringere Spindelfehler aus und sind mit industriellen sowie automatischen Werkzeugschnittstellen ausgestattet.
Die Vorteile einer aerostatisch gelagerten Motorspindel von Levicron
Dank des zuvor beschriebenen Ausgleichseffekts (siehe „allgemeine Vorteile durch die Nutzung einer luftgelagerten Spindel“) weisen aerostatisch gelagerte Spindeln generell sehr geringe Spindelfehler auf.
Levicron hat sich bei all ihren Produkten auf die weitere Reduzierung dieser Spindelfehler für die Anwendung in der Ultrapräzisionszerspanung konzentriert. Zu den Maßnahmen gehören das patentierte Kapillarlagersystem, die Gräbenzuführung für die axiale Lagerung, eine streng optimierte Wellendynamik sowie eigens entwickelte, vibrationsarme Synchronmotorantriebe.
Die strenge Optimierung der Wellendynamik, die kontrollierte und vorab berechnete Anpassung des Lagerspalts an der Drehzahl und Temperatur sowie Levicrons hocheffiziente Dünnfilmflüssigkeitskühlung ermöglichen Drehzahlen, die andere aerostatisch gelagerte Spindeln für denselben Einsatz deutlich übertreffen.
Schergeschwindigkeiten von bis zu 200 m/s in Radiallagern und 450 m/s in Axiallagern sind realisierbar. Das eigens entwickelte, federlose HSK-Werkzeugspannsystem SLH-x gewährleistet zudem eine sichere Werkzeugspannung, selbst bei deutlich erhöhten Drehzahlen. So bieten wir Ihnen CNC-Bearbeitungsspindeln mit HSK25-E und Drehzahlen von bis zu 100.000 Upm an.
Die S1-Zeit (Nennbedingungen) bei aerostatisch gelagerten Spindelsystemen ist grundsätzlich unbegrenzt, sodass ein Dauerbetrieb möglich ist. Durch eine geschickte Auslegung, bei der sich Fliehkraftdehnungen und thermische Dehnungen ausgleichen, sowie durch die hocheffiziente Dünnfilm-Flüssigkeitskühlung konnte Levicron extrem geringe axiale Wellendrehungen und kurze Durchwärmzeiten erreichen. Unsere (U)ASD-H25/A ist beispielsweise nach nur 3 Minuten thermisch stabil und weist ein axiales Wellenwachstum vom kalten Zustand im Stillstand bis zur Nenndrehzahl von unter 3 µm auf.
In Kombination mit unserem wartungsfreien, federlosen HSK-Spannsystem „SLH-x“ bietet die Spindel dem Anwender über ihre gesamte Nutzungsdauer hinweg eine kostengünstige Lösung (Total Cost of Ownership).
Die Wellendynamik wurde so ausgelegt, dass bei der Beschleunigung keine kritischen Zustände wie Resonanzen oder Instabilitäten, die als Halbfrequenzwirbel bekannt sind, erreicht werden. In Verbindung mit der bürstenlosen Synchronmotortechnologie, die einen vollen Drehmoment ab Stillstand bietet, können für unsere (U)ASD-H20A Beschleunigungen von bis zu 75.000 Upm erreicht werden. Das bedeutet, dass die Spindel von Stillstand auf 120.000 Upm oder umgekehrt in nur 1,6 Sekunden beschleunigen kann. Dies reduziert die Span-zu-Span-Zeiten erheblich.
Generell gilt für alle aerostatisch gelagerten Spindeln, dass viele von ihnen aufgrund der mangelhaften Wellendynamik oder falscher Lagerspalte bei geringeren Drehzahlen warmlaufen müssen, bevor sie die Höchstdrehzahl erreichen können. Bei Levicron-Spindeln hingegen gilt: Die Nenndrehzahl kann mit maximaler Beschleunigung auch aus dem kalten Zustand (20 °C) erreicht werden. Dies spart dem Anwender wertvolle Nebenzeiten ein.
Während viele aerostatisch gelagerte Spindeln aufgrund ihrer Konstruktion ein hohes axiales Spindelwachstum aufweisen, sind unsere Spindeln so gestaltet, dass die Fliehkraftdehnungen der Welle durch thermische Effekte ausgeglichen werden. Unsere Werkstückspindel ASD-Px zeigt beispielsweise vom kalten Zustand im Stillstand bis zur Nenndrehzahl und im durchgewärmten Zustand lediglich ein Wellenwachstum von unter 0,8 µm und das in weniger als 10 Minuten.
Das modulare Kartuschensystem, das bei allen Spindelmodellen von Levicron konsequent umgesetzt wird, ermöglicht nicht nur einen hervorragenden Montageprozess und kürzeste Lieferzeiten, sondern auch eine sehr effiziente
(De-)Montage, wodurch die Servicezeiten erheblich verkürzt werden.
Außer dem Lagergas (Luft) sind für aerostatisch gelagerte Spindeln keine Betriebsstoffe erforderlich. Mit unseren entwickelten, federlosen und wartungsfreien HSK-Spannsystemen SLH-x können auch unsere Spindellösungen mit automatischer Werkzeugspannung in kritischen Umgebungen, wie zum Beispiel in der Lebensmittelindustrie, eingesetzt werden. Diese Systeme sind ebenfalls wartungsfrei.
Wälzgelagerte Motorspindeln verwenden allgemein Wälzlager mit keramischen Wälzkörpern. Dies bedeutet jedoch auch, dass die Welle perfekt isoliert ist und Anti-Statik-Maßnahmen wie Bürsten zur Kontaktierung der Welle erforderlich sind. Der dünne Lagerspalt von aerostatisch gelagerten Wellen wirkt hingegen wie ein großflächiger Kondensator und leitet elektrostatische Aufladungen sicher über das Gehäuse ab.
Sollten Sie dennoch eine Wellenkontaktierung, beispielsweise zur Kontaktfeststellung des Werkzeugs mit dem Werkstück, benötigen, so haben wir auch diese Technologie im Angebot.
Da luftgelagerte Spindeln keine axiale Bewegung zulassen und die Welle fest in Position gehalten wird, entfällt die Notwendigkeit eines separaten axialen Rückhaltesystems. Der Axiallager-Teller einer solchen Spindel ist so groß, dass er sich während eines Werkzeugwechsels mit sehr geringem Druck einfach anlegt. Dies erleichtert nicht nur den Werkzeugwechsel, sondern reduziert auch die Komplexität des Systems sowie potenzielle Fehlerquellen.
Wälzlager hingegen erfordern ein komplexes Fangsystem, das die axialen Kräfte beim Werkzeugwechsel auffängt, um die Lager der Spindel zu schützen.
Durch die Nutzung des federlosen HSK-Spannsystems (SLH-x) wird die Wechselkraft bei unseren Levicron-Spindeln zudem weiter gesenkt, da die Vorspannkraft des Federpakets nicht zusätzlich überwunden werden muss.